Eines der wohl bekanntesten Portraits des großen Dichter und Denker ziert das Werk „Goethe in der römischen Campagna“ (1787) von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein. Zu sehen ist es im Städel Museum, Frankfurt am Main.
Auf den ersten Blick von vielen Kunsthistorikern als eine ideale Verkörperung des Dichters gelobt, so wird der Betrachter auf den zweiten Blick ein wenig ins schmunzeln kommen.
Goethe der Mann des Geistes, jedoch nicht des Tanzes? So zieren zwei linke Füße das prominente Bildnis. Ein Rätsel wie beide Beine unter dem Tuch mit dem Torso verbunden sind. Auch die Fußstellung und das Schuhwerk geben Anlass zum Grübeln. Was hätte Goethe wohl gesagt?
Tischbein und Goethe teilten sich eine Wohnung in Rom, als jeder von ihnen Italien 1786 bereiste. Der Maler zog einige Monate später weiter nach Neapel und nahm das angefangene Bild mit. Als dann dieser aus politischen Gründen 1799 die Stadt verlassen musste, ließ er das Gemälde zurück.
Kunsthistoriker gehen davon aus, dass das Werk von einem anderen Maler vollendet wurde. Da der Fuß eher kopiert wirkt und die weniger ausdifferenziert Pinselführung in diesem Bereich darauf hindeuten. Somit würden sich dann die zwei linken Füße erklären. Wer der andere Künstler an diesem Werk war wird wohl ungelöst bleiben. Warum das Bild zu ende gemalt wurde ist jedoch leicht zu erklären. Zum einen lässt sich ein unfertiges Bild nur schwerlich verkaufen und zum anderen war Goethe sehr angesagt und hip und ein Bildnis von ihm erzielte gute Preise 😉.
Seit 1887 ist das Potrait (als Geschenk von Adèle von Rothschild) zu sehen im Städel Museum und lädt den Besucher zu einer längeren Betrachtung ein. Gern auch auf einen zweiten Blick.